2023/12/04
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Waren wir die Gegen-Kultur?Oder bloß gegen Kultur? Ein Kaleidoskop der Pop-Siebziger
Da war so Manches ohne jedes Taktgefühl bereits "abgerockt". Eine ebenso komisch-tragische, wie perönlich-politische Bilanz der besonderen deutschen "Sub-Kultur".
Ab Beginn der Siebzigerjahre erlebte der damals sechzehnjährige Rainer Jogschies das Entstehen einer "deutschen Popkultur" aus erster Hand: Er gründete mehrere Bands und später eine "Musikerinitiative". Der Norddeutsche Rundfunk berichtete über ihn in der damals beliebten Sendereihe Sympathy for the Devil.
Doch was geschah damals wirklich? Wogegen war die "Gegen-Kultur"?
Nach inzwischen fünf Jahrzehnten mit immer kurioseren "Generationen"-Namen (wie "No Future!, "Generation X" oder "Fridays fo Futire"), sah der frühere Pop-Journalist Rainer Jogschies mit 66 Jahren nicht so sehr die allenthalben feststellbare "Professionalisierung" der Szenen oder eine Normalisierung (von der "Subkultur" zum Mainstream) als abgeschlossen an, sondern glaubt die Gegenkultur gerade erst in ihren Anfängen.
Der Autor initiierte und leitete die Pop-Dekadentagungen von 1979 bis 2019, mit denen er deren Entwicklung in bilanzierenden Tagungen und unterschiedlichsten Perspektiven begleitete.
Oder steht am Ende der Entwicklung die Musealisierung? Dazu tagten Experten im September 2019; einige Antworten sind in einer Dokumentation zur Fünften Pop-Dekadentagung nachzulesen.
Dies bunte Spiel mit Quellen und Diskursen eröffnet zudem ungewohnte Blicke auch auf das Politikgeschehen in der Bundesrepublik.
Die "erste" Besprechung des Buches - von Thomas Hecken
"Die Melancholie und der Widerwille, sich vereinnahmen zu lassen, lässt sich nicht vollständig durch die Kritik an den bestehenden Verhältnissen rationalisieren, sie liegt hier tiefer oder umfasst mehr, entstammt dem Temperament und auch dem Stilwillen des Autors, der eine eindrucksvolle Sprache findet für die Erinnerungen an seine Jugend und seine Jahrzehnte in Musikszenen und Journalismus, zuerst bei Sounds und Twen, später bei auflagenstärkeren Magazinen, als Dozent und freier Autor („Seit wann hatte ich eigentlich das Lesen von ‚Fachblättern‘, von Illustrierten wie dem stern, des „Nachrichten-Magazins“ Der Spiegel aufgegeben? Seit einer wie ich dort schrieb? Ich sah das als böses Omen.“) Dass nicht alles oder auch nur wenig glückt und das Älterwerden vom Sterben der Freunde und Bekannten gesäumt wird, nimmt Jogschies nicht als selbstverständlich hin. Darum wird sein Rückblick stark vom Wissen und Erschrecken, dass es so geschieht, geprägt. Für den Leser ergibt das, vielleicht gegen die Absicht des Autors, einen doppelten Reiz: die vielen kleinen, bereits für sich interessanten, hauptsächlich Hamburger Begebenheiten bekommen eine große Einheitlichkeit und Kraft, die aus dem Stil der Erinnerung erwächst. Dem Buch sind viele Leser zu wünschen."
Prof. Dr. Thomas Hecken am 18 Oktober 2021 auf pop-zeitschrift.de
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